fit und munter - OB Geinert: „WM in Sinsheim – darauf sind wir stolz!“

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OB Geinert: „WM in Sinsheim – darauf sind wir stolz!“

• 2011: Frauenfußball macht die „Kleinstadt der 13 Dörfer“ zur Weltstadt
• Bodenständige Profis: Engagement von Dietmar Hopp wirkt wie Katalysator
• Hoffenheim-Boss Hofmann: „Wir haben die Region mit Fußball infiziert“
In dieser Kleinstadt wirkt der Fußball wie ein Turbo! Wie konnte das nur passieren, dass Sinsheim, die 35.000-Einwohner-Stadt in der Nähe von Heidelberg, zusammen mit ihrem Club 1899 Hoffenheim in die Fußball-Bundesliga katapultiert wurde? Und bald Austragungsort der Frauenfußball-Weltmeisterschaft ist! Der Countdown wurde von Franzi van Almsick, Hansi Flick und Steffi Jones gerade gestartet. – Das alles ist nicht einfach so „passiert“. Es basiert auf dem einzigartigen Mix aus finanziellem wie persönlichem Engagement und bodenständiger Professionalität.

Da ist natürlich der große und großartige Einsatz von SAP-Mitbegründer und Mäzen Dietmar Hopp. Mit Millionen unterstützt er Nachwuchs- und Profifußball. Wohlgemerkt: Er unterstützt! Vor allem sind da nämlich auch die Sinsheimer selbst. Heimatverbunden, menschlich – und professionell. Bodenständige Profis vom Schlag eines Peter Hofmann. In seinem Elektrotechnik-Betrieb ist der Hoffenheimer (hier legt man noch Wert auf den Ortsteil, aus dem man stammt) Chef von 20 Mitarbeitern. Und „nebenbei“ Präsident von 1899 Hoffenheim, dem derzeit wohl ungewöhnlichsten Club der Fußball-Bundesliga. Wie wenige andere verkörpert Hofmann diesen „Sinsheimer Mix“ des bodenständigen Profis: menschlich, sympathisch, zugleich weltläufig und professionell.

Sinsheim ist eine Kleinstadt, die eigentlich aus 13 Dörfern besteht – eines davon Hoffenheim. Seit den 60er Jahren entwickelte sich hier eine Symbiose mit einer der Lebensadern Europas: Die Autobahn A6. Sie durchquert Sinsheim quasi, wurde über die Jahrzehnte – vor allem ab der Wende – zu einer der wichtigsten Ost-West-Verbindungen in Europa. Später machte das Auto & Technik Museum mit seinen spektakulären Exponaten wie der „Concorde“ und dem russischen Pendant „Tupolew“ Schlagzeilen. Darüber hinaus ist Sinsheim Messestandort.

Jetzt also Fußball! Kaum etwas verbindet die Menschen mehr als diese Sportart. Nirgendwo schlagen die Emotionen höher. Deshalb sprechen viele nicht nur vom Erfolg, sondern geradezu vom „Wunder von Hoffenheim“. In der Rückrunde der Bundesliga ist 1899 Hoffenheim ein wenig vom Pech verfolgt. Holt die Realität des harten Fußball-Alltags die Hoffenheimer jetzt ein, macht das „Wunder“ gar zum „Blauen Wunder“? Oberbürgermeister Rolf Geinert: „Unser Club ist von der Kreisliga direkt in die erste Bundesliga durchmarschiert. Dieser Erfolg basiert auf einem langfristigen Entwicklungsprozess. Simmungsschwankungen, wie wir sie gerade erleben, gefährden weder den langfristigen Erfolg des Clubs noch seine positive Wirkung auf die Stadt und die gesamte Region. Wir spüren mehr als deutlich, wie viele Unternehmen und Investoren auf uns aufmerksam werden und die Chancen sehen, die sich dadurch in allen Bereichen ergeben. Der Fußball verschafft unserer Stadt ein Wachstum, das wir für das gesamte öffentliche Leben nutzen. Vom Ausbau der Infrastruktur über Bürger-Services bis hin zur Wirtschaftsförderung.“





Großes Potenzial, erhöhtes Tempo

„Sinsheim hat wahnsinnig viel Potenzial“, sagt Oberbürgermeister Rolf Geinert. „Muss er als OB ja sagen“, möchte man denken. Doch er selbst ist der beste Beweis: Dieses Potenzial war es, das den gebürtigen Wuppertaler lockte, sich hier um das höchste Amt zu bewerben: „Diese Stadt hat engagierte Bürger, liegt unternehmsstrategisch perfekt – in Baden-Württemberg in einer der pulsierendsten Regionen Europas, der Metropolregion Rhein-Neckar, an einer der wichtigsten Verkehrsadern der EU.“ Sinsheim war in den letzten Jahrzehnten stets erfolgreich. Dank der aktiven Menschen, die hier wirken, das Auto & Technik Museum wie auch die Messe aufbauten, die Verkehrsinfrastruktur und das touristische Angebot zu nutzen wussten. Der Oberbürgermeister: „Hier lassen sich Geschäft und Lebensqualität ausgezeichnet vereinen. Das bringt diese Stadt beständig voran.“

Lebensqualität ist den Sinsheimern sehr wichtig. Sie engagieren sich in mehr als 350 Vereinen. Die so genannte „Agenda 21“ steht für ein lebenswertes Sinsheim. Dafür gibt es alleine acht Projektgruppen – da geht es von „Alternativen Energien“ über „Strahlenentlastung“ und die „Innenstadt-Entwicklung“, bis hin zur „Internationalen Begegnung“, zum „Naturschutz“ und zum „Sozialen Sinsheim“. „Bei der Agenda 21 werden große, globale Ziele lokal umgesetzt“, erklärt Dr. Maria Bitenc, Agenda-Beauftragte und Beauftragte für Wirtschaftsförderung der Stadt: „Unsere fast hundert Freiwilligen engagieren sich überdurchschnittlich. Deshalb haben wir auch schon gute Erfolge erzielt.“ Die Arbeit der Bürger läuft in einem professionellen organisatorischen Rahmen ab. „Viele befassen sich in den Projektgruppen mit Themen und Bereichen, die sie auch in ihrem Beruf ausfüllen. Sie fungieren als Experten und bringen ihr Fachwissen in die Projektarbeit ein“, erläutert Dr. Bitenc. „Wir bewahren uns die kleinstädtische Beschaulichkeit, blicken aber dennoch kontinuierlich über den eigenen Tellerrand. Wir Sinsheimer fühlen uns hier verwurzelt, schöpfen daraus Kraft – auch im Bereich der Wirtschaft. Gerade jetzt, wo die Wirtschaft kriselt, kommt beispielsweise die Stärke von Familienbetrieben besonders zum Tragen.“

Sinsheim zeichnet sich durch Strukturen aus, die von überschaubarerer Nähe ebenso geprägt sind wie von Leistungsfähigkeit. Das Engagement von Mäzen Dietmar Hopp fiel hier deshalb auf fruchtbaren Boden. Mit dem „Fußball-Märchen“ von Hoffenheim hat sich das Tempo von Sinsheims Entwicklung enorm erhöht. Hopps Engagement wirkt auf die ganze Stadt und die umliegenden Gemeinden wie ein Katalysator.

Klein, aber effektiv

Dass Dietmar Hopps Engagement dazu führte, die ganze Region um Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg, also die Metropolregion Rhein-Neckar mit ihren 2,3 Millionen Menschen, mit Fußball geradezu zu anzustecken, liegt an Menschen wie Peter Hofmann. „Er kennt in Sinsheim jede Steckdose!“ sagen manche lachend und das kommt der Wahrheit ziemlich nahe. Hofmann ist erfolgreicher Handwerker wie aus dem Unternehmer-Lehrbuch. Seine Elektrotechnik-Firma hat er vom Vater übernommen. Mit heute 20 Mitarbeitern, darunter drei Auszubildenden, arbeitet er für die Industrie, im Wohnungsbau und bietet alle „Gebäude-Management“-Dienstleistungen rund um Elektroinstallation, EDV-Netzwerkverkabelung und Telefon an.

Bereits 1986 – mit 26 Jahren – hat Hofmann den elterlichen Betrieb übernommen. Die Firma, gegründet 1962, war etabliert. Der Vater drückte dem Sohn die Schlüssel in die Hand. Das war die Firmenübergabe. Damals lernte Hofmann, dass man als Teamplayer besonders weit kommt. Rainer Egenlauf (42), inzwischen seit fast 30 Jahren im Betrieb, war und ist Hofmanns rechte Hand. Hofmann: „Mein Vater hat ihn ausgebildet und er ist heute noch bei uns. Ich war in ganz jungen Jahren der Typ, der immer versucht hat, alles alleine zu machen. Aber man muss lernen, auch Verantwortung abzugeben und Vertrauen in andere zu haben.“

Und als wäre die Firmenübernahme nicht genug Verantwortung, hat Hofmann im gleichen Jahr als Fußball-Funktionär bei der TSG 1899 Hoffenheim angefangen, hat seitdem alle Stationen durchlaufen, bis er vor 13 Jahren Präsident des Vereins wurde, dessen Geschäftsstelle von seiner Haustür gerade mal 300 Meter entfernt liegt. In den Dörfern Sinsheims sind die Wege kurz…

Und dann kam plötzlich Dietmar Hopp? „Nein, das war überhaupt nicht plötzlich. Bereits als Jugendlicher hat Herr Hopp bei uns gespielt, ist dem Verein auch später stets treu geblieben, hat sich immer wieder Spiele angesehen, den Kontakt gehalten, auch als er Vorstandsvorsitzender der SAP war.“

Das finanzielle Engagement von Dietmar Hopp begann mit einem verlorenen Abstiegs-Spiel. Die Vorstandschaft des Vereins saß mit dem damaligen SAP-Boss zusammen. In die gedrückte Stimmung des Wundenleckens fragte Hopp, ob der Verein an Unterstützung für seine Jugendarbeit interessiert wäre. „Dietmar Hopp hat frühzeitig erkannt, dass viele Vereine ihr Geld zwar in die ersten Mannschaften stecken, aber den Nachwuchs und damit die Zukunft vernachlässigen. Das wollte er nicht. Ihn interessierte von Anfang an die Jugendarbeit. Also haben wir angefangen – ganz klein.“ Klein, aber effektiv, wie man heute sieht. Das erste große Highlight war 1999 die Einweihung des Dietmar-Hopp-Stadions. Gegner waren die Bayern! Dann folgten fast zehn Jahre kontinuierlicher Aufbauarbeit, bis die Hoffenheimer selbst in der ersten Liga spielten.

Sinsheim liegt inmitten der Metropolregion Rhein-Neckar mit ihren Weltfirmen SAP, BASF, Heidelberger Druckmaschinen und Freudenberg („Vileda“). Weltsportler aus der Region waren zuletzt die Tennis-Ausnahmetalente Steffi Graf und Boris Becker. Dass die Region fußballerisch etwas zu bieten hatte ist lange her: Der SV Waldhof-Mannheim verabschiedete sich vor fast 20 Jahren aus der 1. Bundesliga.

Der sportliche Motor der Region ist heute eindeutig Sinsheim und die benachbarten Gemeinden, denn neben Erstliga-Fußball konzentrieren sich hier auch zahlreiche Fördermaßnahmen im Jugendsport: Die Förderzentren von 1899 Hoffenheim selbst, aber auch der Sitz des Vereins „Anpfiff ins Leben“, wo Jugendlichen mit einer Kombination aus Fußball, Bildung und Sozialkompetenz der Start in eine stabile und erfolgreiche persönliche Zukunft ermöglicht werden soll.

Sinsheim mit seinem Ortsteil Hoffenheim zieht eine ganze Region mit. Hofmann schmunzelt zufrieden: „Wir haben die Region mit Fußball geradezu infiziert!“

So geht das in Sinsheim

Bodenständigkeit: „Wir in Sinsheim wissen, wo wir herkommen“, versichert Peter Hofmann: „Von ganz unten. Deshalb war unsere Philosophie schon immer, bescheiden aufzutreten. Diese familiäre Atmosphäre wollen wir auch erhalten. Wir sind mit unserer Bodenständigkeit bisher sehr erfolgreich gewesen. Und wer mal den Höhenflug gekriegt hat, wurde sofort auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Professionell aber bodenständig bringt man’s am weitesten.“

Jugendarbeit: Den Umgang mit Jugendlichen überträgt Peter Hofmann aus der Vereinarbeit auf seinen Betrieb: „Jugendlichen kann man heute nicht einfach Befehle erteilen, man muss in der Lage sein, mit ihnen auch einmal zu diskutieren und das persönliche Umfeld – beispielsweise Schwierigkeiten im Elternhaus – berücksichtigen. Das habe ich im Verein gelernt und es hilft mir beim Umgang mit unseren Auszubildenden. In der Firma ist die Arbeit mit Jugendlichen dadurch deutlich pädagogischer geworden.“

Stadion: Als Standort für die Fußball-Arena war eigentlich die Stadt Heidelberg im Gespräch. Als es dort nicht richtig vorwärts ging, schlug die Stunde für Sinsheim. Einmal mehr wurde vorgeführt, wie in Sinsheim schnell, effizient und professionell Entscheidungen getroffen werden. Peter Hofmann setzte sich bei „seiner“ Stadtverwaltung nach Kräften dafür ein, dass das Stadion nach Sinsheim kommt. Den Oberbürgermeister musste er nicht lange bitten. Dem passionierten Fußballfan Rolf Geinert war sofort klar, dass Bundesliga-Fußball die große Chance für seine Stadt ist. Den möglichen Standort brachte Bürgermeister Achim Keßler ins Spiel: eine Gewerbefläche direkt an der A6. Club-Geschäftsführer Jochen A. Rotthaus bewertete die Vermarktungschancen, sah die Lage geradezu als Glücksgriff. Im Januar wurde die Arena eingeweiht.

Die Kleinstadt wird 2011 „Weltstadt“

Seit Beginn dieser Saison ist die Kleinstadt Sinsheim nun also Bundesliga-Standort und seit Januar 2009 Heimat eines DER Fußball-Stadien der Republik. Die Rhein-Neckar-Arena ist unter anderem Austragungsort der Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011. Gerade haben Franziska van Almsick – die gebürtige Berlinerin lebt im benachbarten Heidelberg: „Mein Mann hat mich in die Region geschleppt und ich habe mich in die Gegend verliebt, will hier nie wieder weg“ – und Hansi Flick, Assistent von Fußball-Bundestrainer Jogi Löw, gemeinsam mit OK-Chefin Steffi Jones den Countdown bis zum 26. Juni 2011 angezählt, wenn die Fußball-WM startet. Oberbürgermeister Rolf Geinert: „Wir sind uns bewusst, dass wir ein etwas anderer Austragungsort sind. Ein bisschen wird das wie ››Weltmeisterschaft auf dem Dorf‹‹. Aber darauf sind wir gerade stolz. Bei uns zählt Menschlichkeit, Freundlichkeit und Gastfreundschaft. Das werden wir den Menschen, die aus aller Welt zu uns kommen, zeigen.“ Zur Fußball-Weltmeisterschaft wird aus der Kleinstadt inmitten der Metropolregion Rhein-Neckar für einen Monat lang eine Miniatur-Weltstadt. Trotzdem werden die Sinsheimer das bleiben, was sie bisher auch schon erfolgreich waren: bodenständige Profis.
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