fit und munter - Pflegenotstand in Deutschland

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Pflegenotstand in Deutschland

Während die Politik immer noch an Positionsfragen zu Integration und Migration verweilt, verschärft sich die Personalsituation am Pflegemarkt.
Durch Einsparungen im Gesundheitsbereich Mitte der 90er Jahre wurde in Folge einer geringeren Nachfrage nach Pflegekräften weniger Pflegepersonal in Deutschland ausgebildet. Vor allem der medizinische Fortschritt und eine immer älter werdende Gesellschaft führten neben einer Verlagerung "ambulant vor stationär" innerhalb von wenigen Jahren zu einer Umkehr der Nachfragesituation. Während Länder wie Großbritanien oder Italien schon frühzeitig Rekrutierungsprogramme für ausländisches Pflegepersonal auf den Weg brachten, um die Auswahl und Einstellung schon in deren Heimatland in geordnete Bahnen zu lenken, hat die Politik in Deutschland diesen Weg schlicht verschlafen. So hat z.B. die italienische Region Veneto/Friaul ein Programm initiiert mit dessen Hilfe rumänische Pflegekräfte rekrutiert werden. Im Rahmen dieses Programmes werden in Rumänien geeignete Pflegekräfte ausgewählt und auf ihre Aufgabe im Ausland durch Sprachkurse und Schulungen vorbereitet. Anders in Deutschland. Mit Einführung der Pflegeversicherung 1995 und der Wahl zwischen Pflegesachleistung und Pflegegeld etablierte sich hier zu Lande rasant eine illegale, häusliche Pflege. Verstärkt wurde diese Nachfrage durch den Trend, so lange wie möglich zu Hause gepflegt zu werden. Inzwischen geht man von über 100.000 illegalen Beschäftigungsverhältnissen in der häuslichen Pflege aus. Da diese Entwicklung für den deutschen Arbeitsmarkt und das etablierte Pflegesystem vorerst keine negativen Auswirkungen hatte, wurde von Seiten der Behörden nur halbherzig gegen diese illegalen Beschäftigungs-verhältnisse vorgegangen. Man konnte und kann den Eindruck gewinnen, dass dieses politisch so gewollt ist. Fachleute wie der Gerontologe Adriano Pierobon sehen in dieser Entwicklung verheerende Folgen für unser Gesundheitssystem. Ihrer Ansicht nach kann man den Personalmangel in der Pflege nur durch geplante und kontrollierte Rekrutierungsprogramme von ausländischem Pflegepersonal in den Griff bekommen. Eine Akzeptanz von illegalen Pflegekräften schaffe für die Zukunft einen unüberschaubaren Markt, mit dem durch unzureichende Pflege und der daraus resultierenden Folgen enorme Kosten produziert würden. Außerdem würden in Jahrzehnten erarbeitete und eingeführte Qualitätsstandards und Positionen in der Pflege unterlaufen, mit der Folge, dass der Pflegeberuf immer mehr an Professionalisierung und Anerkennung in der Gesellschaft verliere. Ein weiteres Problem sieht Pierobon in einer fehlenden sprachlichen Kompetenz angeworbener Migranten. Da die Pflegeberufe zweifellos zu den "Sprachberufen" gehören, seien Sprachdefizite in der Fachpraxis ein entscheidendes Professionalisierungshemmnis. Besonders im Hinblick auf die rasante Zunahme Demenzkranker in Deutschland wären bei der Pflege die kommunikativen Anteile von größter Bedeutung. Kommunikationsprobleme würden sich negativ auf den Verlauf der Krankheit auswirken. Ein Austausch mit anderem Fachpersonal setze nicht nur das beherrschen der Alltagssprache, sondern das Wissen einer Pflegefachsprache voraus. Pflegekräfte müssten in der Lage sein, sich über pflegebezogene Inhalte unterhalten zu können und ihre Ergebnisse in einer klaren Form schriftlich dokumentieren zu können. Gerade ausländische Arbeitskräfte werden für die nahe Zukunft im "Pflegemarkt Deutschland" eine wesentliche Rolle spielen. Sollte die Politik weiterhin auf ihrer abwartenden und untätigen Position verharren, wird sich dieses Verhalten schon bald rächen. Die Zeit kluge und effektive Rekrutierungsprogramme für ausländische Pflegekräfte einzuführen ist schon längst reif.
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