fit und munter - Grundsatzurteil für die Saubere Luft: Deutsche Umwelthilfe begrüßt Klarstellung des Bundesverwaltungsgerichts zu Reutlingen

fit und munter

Grundsatzurteil für die Saubere Luft: Deutsche Umwelthilfe begrüßt Klarstellung des Bundesverwaltungsgerichts zu Reutlingen


Oberstes Bundesgericht weist Revisionen von Land und Stadt
teilweise zurück - Diesel-Fahrverbote sind grundsätzlich unvermeidbar, wenn der
Grenzwert mit sonstigen Maßnahmen nicht schnellstmöglich eingehalten wird -
Gericht erlaubt Absehen von Fahrverboten nur, wenn Grenzwerteinhaltung in kurzer
Zeit sicher zu erwarten ist

Im Klageverfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Land
Baden-Württemberg für die Saubere Luft in Reutlingen hat das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig heute die Revisionen des Landes
Baden-Württemberg und der Stadt Reutlingen teilweise zurückgewiesen. Das Urteil
des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg vom 18. März 2019, welches
das Land zu einer unverzüglichen Fortschreibung des Luftreinhalteplans
verpflichtete, wurde zwar in der Begründung abgeändert. Die Landesregierung muss
gleichwohl nach Maßgabe des Gerichts einen neuen Luftreinhalteplan aufstellen
und darin weitere konkrete Maßnahmen aufnehmen. Die internationale
Umweltrechtsorganisation ClientEarth unterstützt die Klage für Saubere Luft der
DUH.

"Das ist ein guter Tag für die Saubere Luft und die Menschen in Reutlingen. Und
ist es ein Weckruf für die grün-schwarze Landesregierung, sich endlich aus dem
Würgegriff der Dieselkonzerne zu befreien und die Einhaltung des Grenzwerts für
das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid auch in Stuttgart, Ludwigsburg, Heilbronn
und weiteren Problemstädten noch in diesem Jahr sicherzustellen", so Jürgen
Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt, ergänzt: "Das Urteil ist
eine Präzedenz für alle deutschen Großstädte. Das Gericht hat seine klare
Aussage in seinem Grundsatzurteil zur sauberen Luft aus 2018 zur Einhaltung des
Grenzwerts bestätigt und in Konturen präzisiert. Diese Entscheidung wird die
Grundlage für alle noch offenen deutschen Verfahren sein."

Das BVerwG hat in seinem Urteil deutlich gemacht, dass die Bewertung des VGH
Baden-Württemberg korrekt ist, nach der die bisherigen Prognosen des Landes zur
Entwicklung der Luftbelastung fehlerhaft sind. Es sei daher nicht davon
auszugehen, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen tatsächlich so wirkungsvoll
sind, wie angenommen. Es bedarf daher weiterer Maßnahmen auf der Lederstraße, um
den Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg NO2/m³ im Jahr 2020 sicher
einzuhalten.

Das BVerwG hat klargestellt, dass das 2019 auf Druck der Automobilindustrie
verabschiedete "Fahrverbots-Verhinderungsgesetz" des Bundes, mit dem ein Wert
von 50 µg Stickstoffdioxid (NO2)/m³ in das Bundes-Immissionsschutzgesetz
eingeführt wurde, nicht 1:1 anwendbar ist: Relevant für die Verhängung von
Diesel-Fahrverboten ist und bleibt nach diesem Grundsatzurteil der EU-weit
geltende Grenzwert von 40 µg NO2/m³.

Allenfalls dann, wenn nach Ergreifung aller anderen in Betracht kommenden
Maßnahmen nur noch minimale Überschreitungen des Grenzwertes vorliegen, kann auf
ein Fahrverbot verzichtet werden. Die dafür anzustellenden Prognosen zur
Entwicklung des NO2-Wertes müssen jedoch verlässlich sein. Nach Auffassung der
DUH ist dies in Reutlingen immer noch nicht der Fall. Auch die zuletzt
vorgelegten Prognosen, die die Luftqualität 2020 in Reutlingen bewerten,
arbeiten auf der Grundlage einer veralteten Fassung der zugrunde gelegten
Emissionsfaktoren und nehmen Minderungswirkungen für die bisher ergriffenen
Maßnahmen an, die nicht nachvollziehbar sind.

Die Notwendigkeit zu weitergehenden Maßnahmen wird durch die Luftsituation in
der Lederstraße in den Monaten Januar und Februar 2020 bestätigt, bei der der
Wert bei im Durchschnitt 47 µg NO2/m³ und damit noch höher als im
Jahresdurchschnitt 2019 (46 µg NO2/m³) lag. Passivsammlermessungen in der
Lederstraße, die an anderen Stellen als der stationären Messstelle stattfanden,
haben im ersten Halbjahr 2019 sogar noch deutlich höhere Werte ergeben.

ClientEarth Anwalt Ugo Taddei sagt: "Die Luftverschmutzung mit giftigen Abgasen
ist ein Gesundheitsskandal. Das Urteil ist die zweite eindeutige Rüge vom
höchsten deutschen Verwaltungsgericht innerhalb von zwei Jahren. Im Dezember
musste sich der EuGH ebenfalls mit wirksamen Sanktionen gegen widerspenstige
deutsche Behörden einschalten. Es ist erstaunlich, dass die Behörden noch immer
versuchen, Ausreden zu finden, um die Menschen nicht schützen zu müssen. Selbst
die Autohersteller wachen langsam auf - die Behörden müssen jetzt ihre
Prioritäten klarstellen."

Die Urteilsbegründung des Gerichts liegt noch nicht vor.

Hintergrund:

Bereits 2014 entschied das Verwaltungsgericht Sigmaringen, dass der
Luftreinhalteplan der Stadt Reutlingen zur Verbesserung der Luftqualität
fortgeschrieben werden muss. Die Änderungen des Luftreinhalteplans brachte
bisher jedoch keine Einhaltung des NO2-Grenzwerts. Deshalb reichte die DUH im
März 2018 erneut Klage gegen das Land Baden-Württemberg ein. An der Messstation
Lederstraße-Ost wurden für das Jahr 2019 noch 46 µg NO2/m³ gemessen. Der
NO2-Wert ist im Vergleich zu den Vorjahren zwar gesunken, dennoch liegt er auch
im elften Jahr seit der Grenzwerteinführung noch deutlich oberhalb der erlaubten
40 µg g/m³. Ohne Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge wird aus Sicht der
DUH der Jahresmittelwert im Jahr 2020 nicht überall im Stadtgebiet eingehalten
werden.

Links:

Übersicht über alle laufenden Klageverfahren der DUH: http://ots.de/Ogoe2y

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH

0171 3649170, resch@duh.de

Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt Kanzlei Geulen & Klinger, Berlin

0171 2435458, klinger@geulen.com

DUH-Pressestelle:

Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann, Thomas Grafe

030 2400867-20, presse@duh.de

www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe,
www.instagram.com/umwelthilfe

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/22521/4532825
OTS: Deutsche Umwelthilfe e.V.

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell
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