fit und munter - Alltag Psychisch Kranker durch lösungsorientiertes Denken verbessern

fit und munter

Alltag Psychisch Kranker durch lösungsorientiertes Denken verbessern


Die Zahlen sind enorm hoch: laut DGPPN (Deutsche
Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde) haben in Deutschland derzeit fast 18 Millionen
Menschen eine psychische Erkrankung; das ist nahezu jeder Vierte. Bei
deren Behandlung spielen Ergotherapeuten eine wichtige Rolle: Sie
befähigen Psychisch Kranke, besser mit ihrer Erkrankung umzugehen,
indem sie ihnen ihre vorhandenen eigenen Stärken vor Augen führen. So
verändert sich deren Blick; sie lernen, das Positive in ihrem Alltag
zu erkennen.

"Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten." Mit diesem wirksamen
Trick verdeutlicht die Ergotherapeutin Gesa Döringer, DVE (Deutscher
Verband der Ergotherapeuten e.V.), weswegen sie und ihre
Berufskollegen den Fokus ihrer Klienten immer wieder auf das Positive
lenken. Wer zum ersten Mal zu Ergotherapeuten kommt, wird überrascht
sein. Davon, dass nicht etwa ''der rosa Elefant'' - das Problem - im
Mittelpunkt steht. Sondern es auch um Fragen geht wie die eigenen
Wünsche, Ziele, Ressourcen, Befähigungen und generell den Alltag.
Dabei umgehen Ergotherapeuten, wenn sie mit psychisch Kranken
arbeiten, die Angststörung, die Depression oder die Folgen des
Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauchs ihres Gegenübers
nicht. Sie versetzen sie auf vielfältige Weise in die Lage, mithilfe
dessen was in ihnen steckt, mit ihrer Krankheit im Alltag besser
zurechtzukommen. Und sie geben der Krankheit und deren Auswirkungen
einen neuen Stellenwert.

Respektvoller Umgang mit Psychisch Kranken

Wie das funktioniert? Die Ergotherapeutin Gesa Döringer pickt sich
einen von vielen Aspekten heraus, wie sie psychisch kranken Menschen
eine veränderte Sicht auf sich selbst ermöglicht: "Ich mache ihnen
beispielsweise ehrliche Komplimente". Sie ist aufrichtig beeindruckt,
wieviel Kraft Menschen mit einer psychischen Erkrankung aufbringen,
um bestimmte Situationen in ihrem Alltag zu bewältigen und in die
Therapie zu kommen. Das sagt und zeigt sie ihren Klienten, die sich
dadurch verstanden fühlen und Vertrauen entwickeln. Das ist
essentiell, denn die Betroffenen hören manchmal Stimmen, die ihnen
vielleicht sogar Anweisungen geben. Oder ihre psychische Erkrankung
lässt sie glauben, dass Ereignisse im Alltag wie etwa ein blaues
Fahrzeug Zeichen dafür sind, dass etwas Bestimmtes passieren wird.
Wie anstrengend es für diese Menschen ist, sich auf ihr Tun im Alltag
zu konzentrieren, lässt sich nur erahnen.

Ergotherapeutische Spurensuche im Alltag Psychisch Kranker

Um den Alltag von Menschen mit einer psychischen Erkrankung zu
verbessern, macht Gesa Döringer zusammen mit den Betroffenen eine
Betätigungsanalyse. Ihr stehen unterschiedliche Vorgehensweisen zur
Verfügung. Etwa die sogenannte ''Wunderfrage'', eine in die Zukunft
gerichtete Analyse. Also: Wie sieht der Alltag der betroffenen Person
aus, wenn über Nacht ein Wunder geschieht? Die Ergotherapeutin lässt
sich im Detail beschreiben, wie derjenige Aktivität an Aktivität
reiht und welche weiteren Personen dabei eine Rolle spielen; sie
lässt sich Gerüche, Gedanken und Gefühle schildern. Das hilft
demjenigen sich daran zu erinnern, wie gut sich das alles anfühlt.
Und steigert die Motivation, sich für diese Zukunft einzusetzen. Mit
ausgeklügelten Fragetechniken und durch immer detaillierter werdendes
Nachfragen der Ergotherapeutin kristallisiert sich so auch heraus,
welche Tätigkeiten den Alltag dieses Menschen zu einem erfüllten
Leben machen. Und wie er sich schrittweise diesem gewünschten Alltag
annähern kann.

Das Positive im Alltag suchen und verankern

Die Ergotherapeutin begeistert sich für die vielen
ergotherapeutischen Möglichkeiten, um den Alltag von Menschen mit
psychischen Problemen zu verbessern. Dabei ist ihr vor allem eine
lösungsorientierte, positive Haltung wichtig. Sie sagt: "Ich arbeite
eine Stunde in der Woche mit meinen Klienten. Die restlichen 167
Stunden bis zum nächsten Termin sind sie auf sich selbst gestellt".
Ihre Aufgabe ist es, Menschen mit einer psychischen Erkrankung so zu
befähigen, dass sie ihren Alltag allmählich besser alleine bewältigen
und dabei immer wieder das Positive erkennen können. Dazu erhalten
die psychisch Kranken nach jeder Intervention die Aufgabe, im Alltag
genau darauf zu achten, wann etwas gelingt, wann etwas positiv ist.
Wann schafft es beispielsweise eine Mutter mit Depression, Frühstück
und Pausenbrote für ihre Kinder zu richten? War es dann, wenn sie
rechtzeitig und gut schlafen konnte und erholt aufgewacht ist? Und
wie ist es ihr gelungen, in einen guten Schlaf zu kommen? Mit dem
Bericht zu den positiven Erlebnissen, also wie es ihnen in der
zurückliegenden Woche gelungen ist, der Erkrankung die Stirn zu
zeigen, startet das nächste Treffen mit der Ergotherapeutin. Die
Erkenntnis, dass das Problem nicht 24 Stunden am Tag da ist, sondern
dass es Momente gibt, in denen der Alltag besser funktioniert, sorgt
dafür, dass sich die Wahrnehmung des Positiven bei den Menschen mit
einer psychischen Erkrankung nach und nach weiter verstärkt. Das kann
helfen, zunehmend mehr Vertrauen in sich selbst zu gewinnen.

Zeit vor der psychischen Erkrankung beleuchten

Für das Erreichen der anvisierten Ziele spielen die Ressourcen und
Fähigkeiten, die in jedem schlummern, eine wichtige Rolle. Fragend
tastet sich Döringer so lange vor, bis die Befragten diese selbst
erkennen. Dazu analysiert sie mit ihnen beispielsweise die Zeit vor
ihrer psychischen Erkrankung und findet so heraus, wie es denjenigen
früher gelungen ist, belastende Situationen erfolgreich zu
bewältigen. Sie veranschaulicht das am Beispiel eines Klienten mit
einer Psychose. Der Mann traute sich zunächst noch nicht, seine
Arbeit wieder aufzunehmen, weil er seine Wutausbrüche fürchtete. Aus
ihren intensiven Befragungen wusste die Ergotherapeutin, dass er auf
hohem Niveau Fußball gespielt hatte. Dabei war es ihm gelungen,
während seiner gesamten Spielerlaufbahn keine einzige rote Karte zu
bekommen. Sein Geheimnis, sprich seine persönliche
Bewältigungsstrategie: Er hatte einen so starken Siegeswillen, dass
er immer die Kontrolle über sein Handeln behalten konnte. Mit diesem
Bild im Kopf gelang es ihm, bei der Arbeit diesen Siegeswillen wieder
aufzubringen, sogar Provokationen von Kollegen auszublenden. Oder
Ungerechtigkeiten an sich abgleiten zu lassen. Sein Ziel, zurück ins
Berufsleben, hat er erreicht.

Informationsmaterial zu den vielen Themen der Ergotherapie gibt es
bei den Ergotherapeuten des DVE (Deutscher Verband der
Ergotherapeuten e.V.); Ergotherapeuten in Wohnortnähe auf der
Homepage des Verbandes im Navigationspunkt Service und
Ergotherapeutische Praxen, Suche.



Pressekontakt:
Angelika Reinecke, Deutscher Verband der Ergotherapeuten,
a.reinecke@dve.info

Original-Content von: Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V., übermittelt durch news aktuell
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