fit und munter - "Ärzte schlagen niemandem die Tür vor der Nase zu" - Stufenkonzept des G-BA ohne verlässliche Folgenabschätzung

fit und munter

"Ärzte schlagen niemandem die Tür vor der Nase zu" - Stufenkonzept des G-BA ohne verlässliche Folgenabschätzung


"Der Gemeinsame Bundesausschuss hat einen Beschluss
gefasst, der in etlichen Kliniken Besorgnisse auslösen wird. Dem von
gesundheitsökonomischen Auguren und Krankenkassen geforderten
Kahlschlag kann aber wirksam entgegengewirkt werden, wenn die Länder
ihrer Verantwortung für eine Basisnotfallversorgung in
strukturschwachen Gebieten gerecht werden", kommentierte Rudolf
Henke, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes, den gestrigen Beschluss
des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu einem gestuften System
von Notfallstrukturen in Krankenhäusern.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte den Auftrag, bereits zum 31.
Dezember 2016 ein Stufenkonzept für die stationäre Notfallversorgung
zu erarbeiten. Der Gesetzgeber entschied sich für eine
Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2017, damit der G-BA vor
Beschlussfassung eine Folgenabschätzung vornehmen und deren
Ergebnisse berücksichtigen kann. "Bei dem vorliegenden Ergebnis
stellt sich schon die Frage, auf welcher Grundlage der G-BA die
Folgewirkungen seiner Mindestvorgaben für die flächendeckende
Notfallversorgung beurteilt hat. Das Beschlussverfahren und das
Ergebnis der Wirkungsprognose sind bis zum Schluss für Außenstehende
intransparent geblieben. Es ist jedenfalls ein Versäumnis, derart
weitreichende Entscheidungen zu treffen, ohne den Beteiligten eine
verlässliche Folgenabschätzung zur Verfügung zu stellen", kritisierte
Henke.

"Ein Kernproblem des Beschlusses ist, dass Kapazitäten der
stationären Notfallversorgung in Frage gestellt werden, ohne dass an
anderer Stelle ausreichend Möglichkeiten bestehen, diese Lücken zu
schließen. Wir haben in vielen Krankenhäusern erhebliche Personalnöte
und im ambulanten Bereich noch längst nicht die notwendigen
vernetzten Strukturen, um zusätzliche Patienten auffangen zu können,
die anderswo nicht mehr notfallmedizinisch behandelt werden sollen.
Ein entsprechender Aufgabenzuwachs von rund fünf Prozent in der
stationären Notfallversorgung erfordert dann auch eine verlässliche
Refinanzierung", betonte Henke.

Der G-BA lasse zudem unberücksichtigt, dass Patienten auch dann
versorgt werden müssen, wenn sie in Krankenhäuser kommen, die
zukünftig für ihre Notfallbehandlungen keine Zuschläge mehr erhalten.
"Ärzte sind ja keine Türsteher, die nach Belieben darüber befinden
können, wem sie Zutritt gewähren und wem nicht. Wir sind von Berufs
wegen verpflichtet, jeden Patienten anzunehmen und schlagen niemandem
die Tür vor der Nase zu", sagte Henke.

In arbeitsrechtlicher wie praktischer Hinsicht hochproblematisch
sei vor allem die vorgesehene Zeitvorgabe von 30 Minuten zur Aufnahme
der Behandlung durch einen Facharzt. "Hier wäre eine offene
Formulierung, die eine ärztliche Versorgung selbstverständlich
unverzüglich aber stets in Abhängigkeit vom Schweregrad der
Erkrankung und der vitalen Bedrohung des Patienten vorsieht, besser
geeignet als starre zeitliche Vorgaben", so der MB-Vorsitzende.



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