Sich ein Kind wünschen, aber keins bekommen – das kann zu einer großen Belastung für die Frau und die Partnerschaft werden. Je länger dieser Zustand anhält, umso schlimmer: Das Paar grübelt, woran es liegen könnte. Spätestens jetzt stehen verschiedene Arztbesuche auf dem Monatsplan. Vor allem die Frau, aber auch der Mann, werden durchgecheckt, verschiedene Laborwerte ermittelt. Alles in Ordnung, sagen die behandelnden Ärzte im Anschluss nicht selten.
Inzwischen weiß man, dass bei mehr als 50 Prozent der Frauen, die sich ein Baby wünschen, eine Endometriose die Schwangerschaft verhindert. „Endometriose ist nicht leicht zu diagnostizieren“, sagt Dr. Thomas Füger, ärztlicher Leiter des Endometriosezentrums der Frauenklinik Dr. Geisenhofer in München. „Die betroffenen Frauen haben oft eine Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich.“ Verständlich sei das für ihn nicht, sagt Dr. Füger: „Erfahrene Frauenärzte sollten bei unerfülltem Kinderwunsch und bestimmten Symptomen hellhörig werden und an eine Endometriose denken.“
Bei der Endometriose siedeln sich Zellen der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) an verschiedenen Stellen im Becken- und Bauchraum an. In den meisten Fällen sind die Eierstöcke, die Eileiter, die Blase, das Bauchfell oder der Darm betroffen. Dr. Füger: „Die Endometrioseherde verhindern, dass die befruchtete Eizelle in die Gebärmutter gelangt und sich dort einnistet. Auch die Qualität der Eizellen ist verschlechtert.“ Endometriose kann auch Verklebungen und Verwachsungen in der Umgebung der Eierstöcke verursachen. Oft ist auch die Gebärmutter selbst verändert (Adenomyose). Betroffen sind meistens Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 25 und 45 Jahren.
Die Endomtrioseherde sind hormonabhängig. Das heißt: Sie bauen sich während des Monatszyklus auf. Folglich sind die Symptome an die Monatsblutung gekoppelt:
Meistens treten krampfhafte Unterbauchschmerzen mit der Regel auf. Unregelmäßigkeiten bei der Menstruation, wie zum Beispiel starke und anhaltende Blutungen sowie Blähungen sind ebenfalls typisch. Je nachdem, wo die Gewebeherde liegen, verursachen sie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Mitunter leidet die Frau sogar unter Blasen- und Darmproblemen. „Der Körper setzt bei Endometriose ständig Entzündungsstoffe frei, die das Gewebe reizen und auch zu Verwachsungen führen können“, ergänzt Dr. Sebastian Reicke, ärztlicher Leiter des MIC-Zentrums am Englischen Garten der Frauenklinik Dr. Geisenhofer.
Erste Hinweise auf die Endometriose können eine genaue Befragung, eine Tast- und Ultraschalluntersuchung ergeben. Um noch mehr Klarheit zu bekommen, ob es sich um eine Endometriose handeln könnte, wäre eine gestagen-betonte Pille der nächste Diagnoseschritt. „Handelt es sich um Endometriose, sollte es der Patientin unter der Pilleneinnahme etwas gehen“, sagt Dr. Reicke.
Aber selbst wenn die Beschwerden unter der Pilleneinnahme rückläufig sind, beseitigt werden kann die Endometriose damit nicht. Es schließt sich nun der nächste Schritt an: Um eine sichere Diagnose zu fällen, ist ein operativer Eingriff nötig. Bei diesem minimal-invasiven Eingriff über winzig kleine Schnitte wird eine Bauchspiegelung durchgeführt und die Endometrioseherde, erkennbar als kleine bräunliche, blaue oder auch rote Punkte werden vollständig entnommen. Auch die Funktion der Eileiter kann dabei überprüft und bei Bedarf auch wiederhergestellt werden. „Viele Ärzte zögern sehr lange, bevor sie sich zur Operation entschließen. Natürlich will niemand die Frau unnötig belasten. Wenn aber alles auf eine Endometriose hindeutet, sollte man meiner Ansicht nach diesen Weg gehen – und zwar um der Frau zu helfen“, meint Dr. Füger.
Damit sind die Chancen für eine Schwangerschaft erheblich verbessert. „Frauen mit Kinderwunsch sollten im Idealfall gleich nach der Entfernung der Endometrioseherde versuchen, schwanger zu werden“, rät Dr. Reicke. „Wartet die Frau zu lange, bilden sich wieder neue Endometrioseherde.“ Bei fortgeschrittenem Alter ist die Vorstellung in einem Kinderwunschzentrum sinnvoll.
Übrigens: Auch nach einer Operation wegen schwerer Endometriose ist eine Schwangerschaft möglich, wie eine Studie der Universität Bern zeigt, die im Fachjournal „Fertility and Sterility“ veröffentlicht worden ist. Und: Entgegen der allgemeinen Meinung, können Endometriosepatientinnen nicht nur schwanger werden, sondern auch spontan gebären.
Gut zu wissen: Während der Schwangerschaft kann wegen der Hormonveränderungen keine Endometriose auftreten. Ist das Baby auf der Welt, empfiehlt sich eine dauerhafte Pilleneinnahme – und zwar ohne Pause – um Endometriose vorzubeugen.
Unser Rat an Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch ist, sich in einem zertifizierten Endometriosezentrum beraten zu lassen.