fit und munter - Gemeinsam mit Hörakustikern gegen Tinnitus / 6. Interdisziplinäre Fachtagung zu neuen Erkenntnissen

fit und munter

Gemeinsam mit Hörakustikern gegen Tinnitus / 6. Interdisziplinäre Fachtagung zu neuen Erkenntnissen


Ein Rauschen oder Pfeifen im Ohr
stellt für immer mehr Menschen eine tägliche Belastung dar, die zu
deutlichen Einschränkungen im Beruf und Alltag führen kann. Sie haben
einen Tinnitus. Deutschlandweit sind mehr als drei Millionen Menschen
betroffen. Um die Hilfe und Versorgung für die Betroffenen stetig zu
verbessern, richtet die Bundesinnung der Hörakustiker (biha) jährlich
die bundesweite interdisziplinäre Tinnitus-Fachtagung in Frankfurt am
Main aus, bei der Experten aus dem praktischen, wissenschaftlichen
und klinischen Sektor neue Ergebnisse und Erkenntnisse vortragen und
sie diskutieren. In diesem Jahr fand die Fachtagung bereits zum
sechsten Mal statt. Über 100 Teilnehmer aus ganz Deutschland
besuchten die Veranstaltung am 11. September.

Begrüßt und durch den Tinnitus-Tag geführt wurden die Teilnehmer
und Experten aus den verschiedenen Fachbereichen von
biha-Vizepräsident Hans-Jürgen Bührer. Er stellte die Referenten und
ihre wissenschaftlichen und praxisrelevanten Vortragsthemen vor. Im
Fokus standen dieses Jahr die neuesten wissenschaftlichen
Erkenntnisse zur Entstehung von Tinnitus und die Frage, ob und wie
dieser gemessen werden kann.

Prof. Dr. Gerhard Goebel, ehemaliger Chefarzt Schön Klinik
Roseneck, Prien, erklärte, dass nach seiner Erfahrung Betroffene
einen tonalen Tinnitus zumeist als belastender empfänden als einen
als Rauschen beschriebenen Tinnitus. Objektiv gesehen, existieren
diese Töne allerdings nicht und sind daher in herkömmlicher Art nicht
messbar. Goebel zeigte jedoch verschiedene Methoden auf, mit denen
ein von Tinnitus-Betroffenen wahrgenommener Ton dennoch eingeordnet
werden kann, sowohl dessen Frequenz als auch Lautstärke. Mit diesen
Daten kann dann ein Hörakustiker ein Hörsystem anpassen, das einen
oft parallel vorliegenden Hörverlust ausgleicht und außerdem den
Tinnitus "maskiert", also in den Hintergrund drängt. Der Betroffene
nimmt damit nicht den Tinnitus, sondern ein anderes, angenehmeres
Geräusch wahr, beispielsweise Meeresrauschen. Bei solchen Messungen
ist die Mitarbeit des Betroffenen unbedingt erforderlich. Zudem
arbeiten bei seiner Versorgung Experten verschiedener Fachrichtungen
zusammen, denn ein Tinnitus, so Goebel, müsse interdisziplinär
versorgt werden.

Siegrid Meier, Dozentin der Akademie für Hörakustik (afh),
berichtete von den Möglichkeiten der Evaluation einer
Tinnitus-Versorgung. Um eine erfolgreiche Versorgung zu erzielen,
müsse zuerst das Erfolgsziel definiert werden. Dazu sei es notwendig,
die verschiedenen Perspektiven zu berücksichtigen: einerseits die
Sicht des Therapeuten und andererseits die des Tinnitus-Betroffenen.
Erst danach können die individuellen Ziele ermittelt werden. Neben
verschiedenen Frageinventaren spielt dabei auch die informelle
Befragung eine große Rolle. Für eine gelungene Evaluation einer
Tinnitus-Versorgung ist es wichtig, mögliche Fehler zu kennen und
erkennen, um deren Auswirkungen richtig zu bewerten.

Über molekulare Aspekte des Tinnitus sprach Prof. Dr. Marlies
Knipper, Universitätsprofessorin für Molekulare Hörphysiologie am
Hörforschungszentrum der Hals-Nasen-Ohren (HNO)-Klinik,
Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Die von ihr vorgestellten
Forschungen beschäftigten sich mit dem Verlust von Hörfasern. Bekannt
ist, dass Hörfasern durch Alter und Lärm unwiederbringlich geschädigt
würden. Daraus entstehe der Hörverlust. Durch Frau Dr. Knipper wurde
eine neue Theorie vorgestellt, nach der ein Verlust bestimmter
Hörfasern ursächlich für den Tinnitus ist. Während die Schädigung der
übrigen Hörfasern im Normalfall durch eine erhöhte neuronale
Aktivität ausgeglichen werden kann, führt das Absterben der
empfindlichen Hörfasern zu einem Wegfall der Rauschunterdrückung in
bestimmten Frequenzbereichen. In diesem Hörbereich führt dann eine
erhöhte neuronale Aktivität zur Entstehung eines Phantomgeräusches,
dem Tinnitus.

Dr. Elisabeth Wallhäußer-Franke, Leiterin der Forschungsgruppe
Otoneurologie der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und
Halschirurgie der Universitätsmedizin Mannheim, veranschaulichte,
dass ein Tinnitus im Gehirn des Menschen Veränderungen verursacht. Es
gäbe vielfältige mit dem Tinnitus einhergehende Veränderungen im
Gehirn. Es sei jedoch nicht klar, ob der Tinnitus zu diesen
Veränderungen führt oder vorher bestehende Veränderungen eine
Tinnitus-Entstehung begünstigen. Auch Wallhäußer-Franke beschäftigte
sich mit den 80 Prozent der Tinnitus-Betroffenen, die gleichzeitig an
einem Hörverlust leiden. Die Forschungsergebnisse nach heutigem Stand
legten nahe, "dass die Wiederherstellung des Hörvermögens eine erste
sinnvolle Maßnahme sein kann." Außerdem könne eine
Hörgeräte-Versorgung häufig auch bei fehlender Indikation sinnvoll
sein, um den Tinnitus zu behandeln.

Hintergrund zum Hörakustiker-Handwerk

In Deutschland gibt es etwa 5,4 Millionen Menschen mit einer
indizierten Schwerhörigkeit. Tendenz steigend. Schwerhörigkeit zählt
zu den zehn häufigsten gesundheitlichen Problemen. Mit rund 6.600
Hörakustiker-Betrieben und ca. 15.000 Hörakustikern versorgt das
Hörakustiker-Handwerk bereits ca. 3,7 Millionen Menschen in
Deutschland mit qualitativ hochwertigen, volldigitalen Hörsystemen.
Die Bundesinnung der Hörakustiker (biha) KdöR vertritt die Interessen
der Hörakustiker in Deutschland.



Pressekontakt:
Dr. Juliane Schwoch (biha), schwoch@biha.de

Original-Content von: Bundesinnung der Hörakustiker KdöR, übermittelt durch news aktuell
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