fit und munter - Experteninterview: Duell der Zellen: Immunabwehr gegen Hirntumor

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Experteninterview: Duell der Zellen: Immunabwehr gegen Hirntumor

Renommierte Experten stellen aktuelle Studien auf dem Hirntumor-Informationstag in Würzburg vor

Würzburg/Leipzig, 26.10.2016 – Am Samstag, den 29. Oktober 2016 gibt Prof. Michael Platten aus Mannheim auf dem überregionalen Hirntumor-Informationstag der Deutschen Hirntumorhilfe an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Antworten auf die Frage, welche zukunftsweisenden Studien es zur Immuntherapie von Hirntumoren gibt. Er spricht neben acht weiteren anerkannten Spezialisten über die Zukunft der Hirntumortherapie und zeigt Wege auf, wie die Prognose der Patienten innerhalb der aktuellen klinischen Studien verbessert werden kann.

Prof. Dr. Michael Platten ist Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (Universität Heidelberg) und Leiter der Abteilung „Neuroimmunologie und Hirntumorimmunologie“ des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Heidelberg. Eines seiner Fachgebiete ist die Immuntherapie von Gliomen, wozu auch der bösartigste Hirntumor, das Glioblastom gehört. Im Schnitt überleben bislang deutlich weniger als zehn Prozent der Patienten mit einem Glioblastom die ersten fünf Jahre nach der Diagnose. Der anerkannte Spezialist gibt einen Ausblick auf vier Formen der Immuntherapie, die zum Ziel haben, einen Hirntumor mit Hilfe des Immunsystems zu bekämpften.

Warum ist die Immuntherapie in der Krebstherapie, und speziell in der Behandlung von Hirntumoren, so fortschrittlich?
Prof. Platten:. Wir haben seit einigen Jahren den Beweis, dass das Immunsystem in der Lage ist, Tumoren zu erkennen und zu bekämpfen, auch in einem fortgeschrittenen Stadium. Eine Reihe von klinischen Studien untersucht die Anwendung der Immuntherapie bei Hirntumoren. Wir haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte in der Entwicklung neuer immuntherapeutischer Ansätze bei Hirntumoren gemacht. Es deutet sich an, dass somit effektivere und präzisere Therapien als bisher auf den Weg gebracht werden können, die eine individuelle Behandlung der Patienten möglich machen.

Welche Formen der Immuntherapie gibt es?
Prof. Platten: Es gibt vier wesentliche Formen der Immuntherapie, wobei das Immunsystem aktiviert wird, um den Hirntumor abzuwehren. Diese Ansätze erforschen wir im Rahmen klinischer Studien auch bei uns.
Erstens: Wir untersuchen eine Therapie mit so genannten Checkpoint-Inhibitoren, das heißt Antikörpern. Diese zielen auf Moleküle, die die Immunzellen vor einer überschießenden Reaktion bewahren. Auch Tumoren können solche hemmenden Signale aussenden, damit sie intakt bleiben. Die Checkpoint-Inhibitoren lösen diese Bremse. Sie reaktivieren die körpereigene Abwehr, die den Krebs dann erfolgreich bekämpfen kann.
Zweitens: Mit einer Impfung kann man das eigene Immunsystem spezifisch aktivieren, damit es gegen den Tumor vorgehen kann. Ein solcher Impfstoff ruft eine Immunreaktion gegen bestimmte Merkmale hervor, die in Hirntumoren vorkommen.
Zum einen werden dabei Eigenschaften genutzt, die in einem speziellen Tumor Typ häufiger vorkommen. Dafür entwickeln wir Impfstoffe, die bei einer Gruppe von Patienten angewendet werden können. In Heidelberg haben wir ein verändertes Protein entdeckt, das in einer bestimmten Form von Hirntumoren gehäuft vorkommt, aber nicht in gesunden Zellen. In aktuellen Studien erproben wir momentan die Wirksamkeit des Impfstoffes gegen diese Mutation, die als IDH1R132H bezeichnet wird.
Drittens: Mit Impfungen können wir das Immunsystem ebenfalls gegen individuelle Erkennungsmerkmale von Tumorzellen aktivieren. Man muss sie für jeden einzelnen Patienten bestimmen und einen spezifisch abgestimmten Impfstoff herstellen.
Viertens: Die Immunzellen lassen sich auch gezielt gentechnisch so verändern, dass sie in der Lage sind, Tumorzellen zu erkennen und abzutöten. Dem Patienten werden dafür T-Zellen, eine bestimmte Form von Immunzellen, entnommen, aufbereitet und wieder zurückgegeben. Dieses Verfahren befindet sich bei Hirntumoren noch in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung.

Können die Patienten an diesen Studien teilnehmen und sich unter Umständen somit einer erfolgreicheren Therapie unterziehen?
Prof. Platten: Ja, es ist ein Ziel dieser Studien, den Patienten die Möglichkeit einer erweiterten Therapie zu geben. Ob eine solche experimentelle Therapie dann auch erfolgreicher ist, kann für den einzelnen Patienten allerdings nicht vorhergesagt werden.

Welche Angebote gibt es für Betroffene und Ärzte auf dem Hirntumor-Informationstag in Würzburg im Hinblick auf die moderne Hirntumortherapie?
Prof. Platten: Die Teilnehmer erhalten auf der Veranstaltung nicht nur Informationen über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie über zukunftsweisende und etablierte Behandlungsmethoden. Sie können auch mit den Experten persönlich in Kontakt treten und individuelle Fragen klären, wie zum Beispiel zu einer möglichen Teilnahme an einer der laufenden Studien. Diese Gelegenheit wurde bisher immer rege genutzt. Außerdem ist es sehr wichtig, dass sich die Betroffenen austauschen können.

Vielen Dank für das Gespräch.

39. Hirntumor-Informationstag in Würzburg
Mit mehr als 400 erwarteten Teilnehmern ist die ganztätige Informationsveranstaltung einzigartig im deutschsprachigen Raum. Eine Anmeldung ist derzeit noch möglich und bei freien Kapazitäten auch vor Ort.

Wann:
Samstag, 29. Oktober 2016 von 9:30 bis 18:30, Registrierung/Einlass ab 8:30 Uhr

Wo:
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Zentrales Hörsaal- und Seminargebäude (Z6), Hörsaal 0.004
Am Hubland
97074 Würzburg

Tagungspauschale:
30 € (Mitglieder und deren Begleitung) /
50 € (Nichtmitglieder)
inkl. Verpflegung

Anmeldung:
Deutsche Hirntumorhilfe e.V.
Veranstaltungsbüro
Tel.: 0341.590 93 96
E-Mail: info@hirntumorhilfe.de
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