fit und munter - Ein Jahr Ebola: Vorsichtige Rückkehr zur Normalität / "Der Tod ist allgegenwärtig - unsichtbar bis er dich berührt." (FOTO)

fit und munter

Ein Jahr Ebola: Vorsichtige Rückkehr zur Normalität / "Der Tod ist allgegenwärtig - unsichtbar bis er dich berührt." (FOTO)



Es war im März 2014, als WHO-Berichte über eine große
Ebola-Epidemie in Guinea an die Öffentlichkeit drangen. Der erste
Ebola-Ausbruch der Geschichte in der westafrikanischen Region, wurde
der größte, der jemals dokumentiert wurde. Innerhalb kurzer Zeit
übersprang die Seuche auch die Grenzen zu Sierra Leone und Liberia
und löschte ganze Familien aus. Bis heute forderte die Seuche ca.
10.000 Tote. Etwa die gleiche Anzahl Kinder blieb als Waisen zurück.

Auch den einjährigen Charles aus Sierra Leone traf dieses
Schicksal. Seine Eltern, drei Brüder und eine Schwester infizierten
sich mit Ebola und starben wenig später im Ebola-Zentrum von Makeni
in Sierra Leone. Er selbst wurde von Ebola-Helfern in Schutzanzügen
allein in eine Quarantänestation gebracht und in den folgenden drei
Wochen immer wieder auf das tödliche Virus getestet. Später kam er in
ein staatliches Übergangsheim, dass er nach vier Wochen verlassen
musste, um Platz für weitere Ebola-Waisen zu machen. Seine Geschichte
teilen hunderte Kinder in den verseuchten Gebieten.

"Das letzte Jahr, besonders die Monate von August bis November,
war eine harte Zeit, die wir unser Leben lang nicht vergessen
werden", sagt der Leiter der SOS-Kinderdörfer in Liberia, George
Kordahi. "Der Tod war und ist allgegenwärtig. Unsichtbar bis er dich
berührt." SOS betreibt in dem Land mehrere Programme, darunter eine
Klinik in Monrovia.

Alles began in Guinea

Ein kleiner zweijähriger Jungen namens Emile Ouamouno aus einem
Dorf im Südosten Guineas, soll laut Forschungen des New England
Journal of Medicine, Patient Null sein. Er gilt als Auslöser der
Katastrophe, die bis heute zu mehr als 22.000 Infizierten und 10.000
Toten geführt hat. Der Kleine starb schon im Dezember 2013 an einem
hämorrhagischen Fieber, dass später als Ebola identifiziert wurde.

Ausnahmezustand

Mit erschreckender Grausamkeit zeigte Ebola der Welt den desolaten
Zustand der Gesundheitssysteme der afrikanischen Länder auf und
verunsicherten die Menschen weltweit zutiefst. Im September und
Oktober erreichten die Infektionsraten in Sierra Leone und Liberia
mit mehr als 500 Neuinfektionen pro Woche ihren beängstigenden
Höhepunkt. Ellen Sirleaf Johnson, die Präsidentin Liberias gestand:
"Ebola ist uns leider immer ein paar Schritte voraus."

Augenzeugenberichte von Toten, die unbeachtet mehrere Tage auf der
Straße lagen, sickerten über soziale Netzwerke in die Wohnzimmer
Europas. Bilder von Helfern in Schutzanzügen, die verängstigte Kranke
aus ihren Häusern holten, gingen um Welt.

Unnötige Tote

Viele lokale Krankenhäuser und Gesundheitsstationen in Liberia,
Sierra Leone und Guinea mussten schließen, weil das eigene Personal
an Ebola erkrankte. Ein großes Problem. Frauen fanden keine Hilfe bei
Geburten, Krankheiten wie Malaria und Typhus blieben unbehandelt.
Immer mehr Menschen starben an heilbaren Krankheiten. Die
Organisation SOS-Kinderdörfer schaffte es durch umfangreiche
Schutzmaßnahmen den Betrieb der Klinik in Liberias Hauptstadt
Monrovia aufrecht zu erhalten. Ärzte, Schwestern und Klinikpersonal
arbeiteten zeitweise rund um die Uhr, um den Ansturm an Patienten zu
bewältigen.

Mit Aufklärungskampagnen, Hygienekits und Nahrungsmittelpakten
unterstützen SOS-Mitarbeiter in allen drei Ländern die notleidende
Bevölkerung besonders in den unter Quarantäne stehenden Gebieten. Nur
mit großen Anstrengungen gelingt es der WHO, Hilfsorganisationen und
ausländischen Regierungen Behandlungs- und Isolierstationen
aufzubauen.

Ausnahmezustand

In Sierra Leone, Guinea und Liberia herrscht seit Mitte letzten
Jahres Ausnahmezustand. Schulen sind teils bis heute geschlossen,
komplette Landstriche isoliert, Ausgangssperren verhängt und
Hausdurchsuchungen nach Kranken und Toten sind an der Tagesordnung.
Die sich gerade nach den Bürgerkriegen erholende lokale Wirtschaft
kommt zum Erliegen. Felder bleiben unbestellt, Händler können ihre
Waren aufgrund der Versammlungsverbote, Quarantänezonen und
Straßensperren nicht verkaufen. Im Gegenzug steigen Preise für
Lebensmittel. Viele Familien verzweifeln.

Auch die SOS-Kinderdörfer sind betroffen. SOS-Schulen und
-Kindergärten sind gezwungen aufgrund der Ansteckungsgefahr zu
schließen. Die Kinder sind auf unbestimmte Zeit isoliert auf dem
Kinderdorf-Gelände. Nur einem Kernteam von Mitarbeitern ist unter
hohen Sicherheitsvorkehrungen der Zugang gewährt.

Ein vorsichtiger Schritt hin zur Normalität

Heute, gut ein Jahr nach dem Ausbruch der Epidemie, besteht Grund
zur Hoffnung. Die Infektionszahlen gehen zurück. Liberia meldet das
erste Mal weniger als 100 Neuinfektionen pro Woche, es gibt mehr
Betten in Ebola-Behandlungszentren als Patienten, Ausgangssperren und
Versammlungsverbote sowie Beerdigungspraktiken werden gelockert.

Endlich wieder Schule

Guinea hat als erstes Land den Schulbetrieb wieder aufgenommen.
Liberia und Sierra Leone wollen im März nachziehen sobald es die Lage
zulässt und alle Schulen mit entsprechenden Schutz- und
Hygienemaßnahmen ausgestattet sind.

Aufgrund umfangreicher Schutzmaßnahmen in den liberianischen
SOS-Einrichtungen, konnten Schüler bereits Mitte Februar, noch vor
Schulstart vieler staatlicher Schulen, mit dem Unterricht beginnen.
Aber der Leiter der SOS-Kinderdörfer Liberia, George Kordahi warnt
davor, zu schnell zur Normalität zurück zu kehren: "Die Öffnung der
Schulen, Universitäten und Kindergärten und damit der enge Kontakt
von Menschen, verlangt äußerste Vorsicht und birgt eine große Gefahr
der Neuansteckung."

Als hätte die Seuche nur auf eine Lockerung der
Sicherheitsmaßnahmen gewartet, meldet die WHO wieder einen Anstieg
der Infektionen. "Wir haben es noch lange nicht geschafft. "Ein
unentdeckter Ebola-Fall reicht und die Infektionen schnellen wieder
in die Höhe", erklärt Sierra Leones SOS-Leiter Emmanuel Woode.

Trotzdem, ein Jahr ist vergangen und es muss voran gehen. 10.000
Waisen, wie der einjährige Charles, brauchen ein sicheres Zuhause.
"Nach ärztlichen Untersuchungen der Kinder konnten wir endlich
beginnen die ersten Waisen in Kinderdörfern in Sierra Leone
unterzubringen. Und mehr werden folgen", verspricht Woode.



Weitere Informationen:
Louay Yassin
Pressesprecher
SOS-Kinderdörfer weltweit
Ridlerstr. 55, 80339 München
louay.yassin@sos-kd.org
089/17914-259
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